Donnerstag, 25. Juli 2013

9. Tag - 25. Juli 2013: Ribadesella - ? / Ende meines Camino del Norte


Tagesetappe: 10 km
Gesamtstrecke: 307 km
Wetter: bewölkt

Leider muss ich heute die Erfahrung machen, dass nicht all das, was man sich vorstellt oder was man gerne machen möchte, in Erfüllung gehen kann. Ich bin heute an meine körperliche Leistungsgrenze gestoßen bzw. habe gemerkt, dass ich das, was ich noch vor zwei Jahren schaffen konnte, nicht mehr bewältige:

Nach dem Zusammenpacken heute Morgen geht es gleich mehrere Kilometer bergan - keine starke Steigung, aber eine stetige. Ich komme sowohl beim Schieben als auch beim Fahren gleich ins Schwitzen, mein Puls rast, und der Kreislauf macht irgendwie schlapp. Ich muss immer wieder Pausen machen, wenn ich merke, dass es kritisch wird. Das, woran ich heute scheitere, hat mir in den letzten Tagen gar nichts ausgemacht. Na, dann kommt eine Abfahrt, bei der ich mich wieder erholen kann. Leider hat das Vergnügen bald ein Ende, als es wieder bergauf geht. Ich mache erneut Pause. Ich setzte mich auf die Leitplanke und verschnaufe. Nach zehn Minuten Ruhe geht immer noch nichts. Wenn ich aufstehe, wird mir schwindelig. Ich schwitze und bin total durchnässt. Also noch einmal 10 Minuten warten.

Im Bewusstsein, dass heute noch viele derartige Wegstücke auf mich warten und es in den nächsten Tagen noch schlimmer wird, komme ich nach langem Nachdenken zu dem Entschluss, aufzugeben - ich will mir meine Gesundheit nicht ruinieren oder gar in der Waagerechten nach Hause kommen. Ich mache kehrt, schiebe das Toxy - ganz langsam und mit vielen Pausen - erneut den Berg hoch, den ich gerade herabgeradelt bin und fahre zurück auf den Campingplatz in Ribadesella, auf dem ich die letzte Nacht zugebracht habe. Ich baue mein Zelt auf und merke dabei immer wieder das Problem mit dem Kreislauf/Schwindel. Ich bin froh, dass ich mich auf die Isomatte legen kann und nicht radeln muss.

Mit Christl vereinbare ich, dass ich im Internet nach Flügen oder andere Alternativen suche, um wieder nach Hause zu kommen. Sie bietet mir an, mich abzuholen. Alles, was ich im Internet herausfinde, ist, dass ich von hier aus mein Fahrrad nur schwer nach Hause bringen kann oder nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten. Eine Oneway-Miete eines Mietwagens bis nach Kiel würde 1.800
Euro plus unbezifferbaren Nebenpauschalen kosten. Am Nachmittag beschließen wir telefonisch, dass Christl morgen losfahren wird, um mich hier abzuholen. Ich weiß es wohl zu schätzen, dass sie diese Strapazen auf sich nimmt, hierher zu fahren - es sind rund 2.100 Kilometer. Ich bin glücklich, solch eine tolle Frau zu haben, die wegen mir solch eine lange und beschwerliche Strecke fährt!

Das war es nun mit meinem Camino del Norte. Mein Traum ist weder zu Fuß noch per Fahrrad in Erfüllung gegangen. Der plötzliche Umstieg der Planung von der Wanderung auf das Fahrrad war doch wohl etwas zu schnell erfolgt. Ich habe bei der Vorbereitung zu wenig auf das Detail geachtet und nicht gemerkt, das selbst die küstennahen Nationalstraßen hier in Nordspanien "Gebirgsstraßen" sind. Und vielleicht war ich auch ein wenig zu optimistisch, was meine Leistungsfähigkeit angeht. Aber eines ist sicher: Ich werde mich deshalb nicht voller Scham in die Ecke verkriechen - ich weiß, dass ich das geleistet habe, was ich leisten konnte.





4 Kommentare:

  1. Lieber LS!
    du musst Dich sicher nicht in der Ecke verkriechen. Es gibt ja nur wenige die solche Touren überhaupt in Angriff nehmen.
    Ich kann mir schon vorstellen, dass es ganz schön anstrengend ist ein vollbepacktes Fahrrad den Berg raufzuschieben. Ich hoffe du hast dich inzwischen wieder erholt und kannst die Tage in Spanien geniesen.

    Bei uns ist es ja auch ganz schön warm und einige meiner Freunde sind nicht mehr bereit abends noch mit dem Radl auf eine Alm zu fahren. Ich meine die werden alt.

    Also machs gut und ganz liebe Grüße
    Deine LS

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  2. Mein liebster Patenonkel,
    es tut mir wirklich Leid, dass es dir nicht gut geht und du deine Reise abbrechen musstest. Ich bin trotzdem mal wieder wahnsinnig stolz was du allein in 9 Tagen alles bewältigt hast. Schon allein deswegen musst du dich auf keinen Fall verkriechen!!
    Es wäre bestimmt alles ganz anders verlaufen, hättest du das Problem mit deiner Hüfte nicht gehabt. Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass dich Christl so schnell wie möglich einsammelt und ihr wieder gesund zu Hause kommt. Und am meisten freue ich mich dann im September wenn ich dich wieder in die Arme schließen kann. Lass den Kopf nicht hängen!
    Wünsche dir alles Gute und drücke dich ganz fest,
    deine Tami
    ( und natürlich liebe Grüße von Dani )

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  3. Hallo liebster Schwager!
    Ich bin der gleichen Meinung wie Tami und ich denke, das, was Du geschafft hast, hätten so manche junge bzw. jüngere nicht drauf. Ich bin total beeindruckt, mit wieviel Elan Du alles anpackst. Sei nicht traurig, dass es dieses Mal nicht so gelaufen ist, kuriere Dich erst einmal aus und Du wirst sehen, dass noch ganz viele tolle und aufregende Dinge auf Dich zukommen. Sag Christl ganz liebe Grüße und kommt wieder heil und gesund zu Hause an.

    Liebe Grüße
    Bärbel

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  4. Lieber Hans,
    "Wir bereuen immer nur die Dinge, die wir nicht getan haben!" - oder zumindest versucht. Ich bewundere Dich sehr für den Schwung mit dem Du losgezogen bist. Und ich finde es toll, überhaupt den Weg zu wagen. Und letztlich zählt einfach jeder Tag, den Du auf dem Camino verbracht hast. Angekommen bist Du auch - vielleicht sogar ein Stück weiter bei Dir.
    Ich hoffe auf jeden Fall, dass es Dir inzwischen wieder gut geht!
    Liebe Grüße aus Leinfelden.
    Wiebke

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